Philippine

1583

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1505 erteilte der flĂ€mische Graf Philipp der Schöne seine Zustimmung zur GrĂŒndung einer geschlossenen Stadt am SĂŒdufer der Braakman. Rund 80 Jahre spĂ€ter war an dieser Stelle wahrscheinlich immer noch nicht mehr als eine unscheinbare Siedlung zu sehen, aber mit ihr war der Grundstein fĂŒr die Festung Philippine gelegt.

Als Alexander Farnese, der spĂ€tere Herzog von Parma, 1583 in Nordflandern Einzug hielt, um das Gebiet fĂŒr den spanischen König zurĂŒckzuerobern, beschloss er, an dieser Stelle an der Braakman eine Schanze zu errichten: Sint-Philip. Die Schanze befand sich an einer strategisch wichtigen Stelle: an tiefem Fahrwasser (also an einer möglichen Anlandungsstelle feindlicher Truppen) und gegenĂŒber dem Land van Axel, das die aufstĂ€ndischen NiederlĂ€nder praktisch vor seiner Nase erobert hatten.

Sint-Philip war eine kleine, vermutlich dreieckige Schanze mit Bastionen. Sie war jedoch nur schlecht bemannt, und so kostete es Prinz Moritz, der hier 1600 auf dem Weg nach DĂŒnkirchen mit einem enormen Heer an Land ging, keinerlei MĂŒhe, die Besetzer zu verjagen, woraus sich die Schlacht von Nieuwpoort entwickelte. Danach zogen die NiederlĂ€nder aus dem Gebiet ab, nicht ohne vorher die Schanze zu zerstören. Die Spanier kehrten zurĂŒck und bauten die Schanze zu einer viereckigen Anlage mit einer Bastion an jeder Ecke um. 

 

1633 wurde sie dann von niederlĂ€ndischen Truppen unter der Leitung von Wilhelm Graf von Nassau endgĂŒltig eingenommen. Noch im selben Jahr unternahmen die Spanier einen Versuch, die Schanze zurĂŒckzuerobern. Durch eine List gelang es Graf Wilhelm, diesen Angriff zu vereiteln. In der Nacht ließ er von Biervliet aus einige Schiffe mit insgesamt 60 Tambouren an Bord die Braakman in Richtung Sint-Philip ĂŒberqueren. Die Tamboure hatten den Auftrag, dabei möglichst viel LĂ€rm zu machen. Die Spanier glaubten, eine große Armee sei im Anmarsch, um die Belagerten zu befreien, und ergriffen Hals ĂŒber Kopf die Flucht.

 

Die NiederlĂ€nder bauten die Schanze zu einer eindrucksvollen Festung aus, die als Ausfallbasis fĂŒr Angriffe auf spanischem Hoheitsgebiet diente. Diese neue Festung wurde Philippine genannt. Die ursprĂŒngliche spanische Schanze blieb unter dem Namen „Burg“ oder „Hoog-Philippine“ als Kern der Festung erhalten. Auf der Ost-, West- und SĂŒdseite entstand ein trapezförmiger Ausbau mit zwei halben Bastionen an den nördlichen und zwei ganzen Bastionen an den sĂŒdlichen Ecken. Um die Anlage herum wurde ein Graben mit Kontreescarpe angelegt. Zwischen den sĂŒdlichen Bastionen wurde im Graben ein Ravelin angelegt. In der NĂ€he der Burg befand sich der Hafen.   

In dieser Zeit nahmen auch Zivilisten Einzug in die Festung.

 

Wo die beiden Seedeiche beiderseits der Festung an die Ă€ußeren WĂ€lle anschlossen, wurden Schleusen angelegt. Über diese Schleusen wurden bei einem drohenden Angriff als zusĂ€tzlicher Schutz die Gebiete sĂŒdlich der Festung geflutet.

Die Schleusen wurden durch zusĂ€tzliche Verteidigungsanlagen zwischen der Festung und den Schleusen geschĂŒtzt: im Westen durch eine Flesche und im Osten durch eine Traverse. Im selben Zeitraum, in dem diese Anlagen erbaut wurden (1692/1693) wurde im Graben auf der SĂŒdostseite ein zweiter Ravelin angelegt.

 

Nach der französischen Besetzung (1747–1748) im Österreichischen Erbfolgekrieg wurden noch weitere Verbesserungen vorgenommen. Vor allem die nordwestliche Ecke wurde erheblich ausgebaut. Vor der Flesche und der Traverse wurden steinerne Batardeaus errichtet. Dabei handelte es sich um gemauerte Dammbauwerke zur Regulierung des Wasserstands, die anstelle von Deichen angelegt wurden. Ein Deich hĂ€tte dem Feind nĂ€mlich die AnnĂ€herung an die Festung erleichtert, was bei einem Batardeau viel schwerer, wenn nicht unmöglich war. Die Mauerkrone war – als sog. EselsrĂŒcken – sattelförmig ausgefĂŒhrt, wodurch feindliche Soldaten höchstens einzeln, sich rittlings voranschiebend, auf die andere Seite gelangen konnten. So waren sie fĂŒr das Gewehrfeuer leichte Beute.

 

1816 wurde die Festung endgĂŒltig aufgehoben, aber wĂ€hrend der Abspaltung Belgiens im Jahr 1830 wurde sie doch wieder hergerichtet. Von der Festung blieb nicht viel ĂŒbrig. Aus der Luft ist ihre Grundform aber noch gut erkennbar. Auch der Straßenplan des Zentrums blieb unverĂ€ndert erhalten. Auf der SĂŒd-, SĂŒdost- und Nordwestseite sind die Reste der WĂ€lle und GrĂ€ben noch als Anhöhen und Niederungen im Land zu erkennen. An einigen Stellen sind auch noch wasserfĂŒhrende Abschnitte des Grabens zu finden. Das Batardeau auf der Ostseite blieb gut erhalten und wurde 2013 restauriert.